Mit
Verrücktheit konstruktiv umgehen
Einleitung
Verrücktheiten
sind vielgestaltig. Sie nur als Krankheit zu sehen, greift zu kurz: Verrücktheiten
können uns dabei helfen, mehr über uns selbst zu erfahren; uns neue
Sichtweisen eröffnen. Sie können Phantasie und Kreativität freisetzen.
Verrücktheiten
können aber auch Leiden verursachen, unsere Beziehungen und sozialen Lebensgrundlagen
zerstören. Sie können dazu führen, daß wir in der Psychiatrie
landen und schlimmstenfalls tödlich enden.
Die vorwiegende Haltung in der psychiatrischen Behandlung lässt sich im folgenden
Frage - Antwortpaar zusammenfassen:
Wie bekämpft man Verrücktheiten
am besten ?
Die übliche Antwort lautet: mit der Gabe von Psychopharmaka
und ergänzenden sozialpsychiatrischen Maßnahmen.
Dieser
Auffassung setzen wir die These entgegen:
Verrücktheit ist eine Begabung.
Eine Begabung allerdings, mit der man umzugehen lernen muss.
Den
Krieg gegen das Verrücktsein zu eröffnen ist so, als eröffne
man das Feuer auf sich selbst.
Die inzwischen entwickelten Waffenarsenale
(z.B. Psychopharmaka) gegen das Verrücktsein wegzulegen und sich auf die
Suche nach einem anderen, friedlicheren Weg zu machen ist anstrengend und mit
Arbeit verbunden. Es funktioniert auch nicht von heute auf morgen.
Dieser
Text ist das Ergebnis des Versuchs, Wissen und Erfahrung von uns Psychiatrie-
Erfahrenen darüber zu sammeln, wie wir Verrücktheiten in unserem
Sinne steuern können.
A.
Vorbeugung
Verrücktheiten
kommen nie grundlos und aus heiterem Himmel, auch wenn einem das manchmal so vorkommt.
Sehr häufig spielen zum einen Kindheitserlebnisse, aber auch die aktuelle
Lebenssituation eine Rolle.
In
der aktuellen Lebenssituation sind häufig Faktoren vorhanden, welche die
Wahrscheinlichkeit, verrückt zu werden erhöhen. Einige dieser Faktoren
sind hier beispielhaft aufgelistet:
a.
soziale Isolierung
b. unbefriedigende Arbeitssituation
c. zu wenig oder
zu viel Stress
d. Unterdrücken der eigenen Gefühle und Bedürfnisse
e. Verliebtheit, Liebeskummer
f. Konflikte, verdeckt oder offen, mit nahestehenden
Menschen
g. existenzielle Probleme wie z.B. Schulden, Wohnungslosigkeit, usw.
h. nicht mit anderen über die eigenen Probleme sprechen - können oder
- wollen
i. Auslösereize, die traumatische Kindheitserlebnisse aktualisieren
j. Verlust nahestehender Personen
k. aktuelle traumatische Erfahrungen
Wenn mehrere solcher oder ähnlicher Faktoren zusammenkommen, kann es passieren,
dass wir verrückt werden. Unsere aktuelle Situation ist unerträglich
geworden und wir sehen keine andere Lösungs- oder Fluchtmöglichkeit
mehr.
Dann passiert es, abrupt oder allmählich, auffällig oder
unauffällig: wir wechseln in andere Welten.
Das
Verrücktwerden- Können ist eigentlich eine wertvolle Fähigkeit,
es kann uns in ansonsten unerträglichen Situationen schützen. Es kann
uns auch zu Erkenntnissen über uns selbst verhelfen, denn unsere Wünsche
und Ängste, Erinnerungen und unterdrückten Gefühle kommen im Verrücktwerden
in verschlüsselter oder auch erkennbarer Form zum Vorschein.
Trotzdem bedroht uns das ungesteuerte Verrücktwerden auch. Zur Vorbeugung
sind deshalb folgende Dinge wichtig:
-
von Zeit zu Zeit einmal im Alltag innehalten und sich fragen: bin ich mit meinem
Leben, so wie ich es jetzt führe, zufrieden ?
Gibt es Dinge, die ich
ändern möchte ?
Wie könnte ich sie ändern ?
Gibt
es Menschen, die mich bei meinen Änderungswünschen unterstützen
und ermutigen könnten ?
-
Wenn ich Wünsche habe, die wegen meiner Lebensumstände zur Zeit nicht
erfüllbar sind, gibt es vielleicht einen ähnlichen oder kleineren Wunsch,
den ich mir erfüllen könnte ?
Der
wichtigste Punkt zur Vorbeugung ist: ein Freundes- und Bekanntenkreis, mit dem
wir uns wohlfühlen und in dem wir über unsere Schwierigkeiten, aber
auch die Freuden des Lebens reden können.
Helfen kann hier beispielsweise
der Besuch von Selbsthilfegruppen und die Kontaktaufnahme mit Menschen, mit denen
wir Hobbies und Interessen teilen können.
Neben diesen allgemeineren Vorbeugungsmöglichkeiten gibt es auch konkretere
Vorbeugungsmaßnahmen, wobei hier gilt:
Probieren
geht über Studieren.
1.
Erstellen einer Notfall- Liste
Dazu
erinnere ich mich an meine letzte Krise und überlege, was mir damals geholfen
oder geschadet hat. Auf Grund dieser Erfahrungen erstelle ich dann eine Liste
mit Dingen, die ich im Krisenfall tun kann, um mich selbst fürs Erste zu
versorgen.
Hier ein Beispiel, wie sie aussehen könnte (natürlich
muß hier jeder seine eigene Liste anfertigen):
a.
ich mache mir einen Tee, Kakao etc.
b. ich rufe Richard an -Tel. Nr. :
- und bitte ihn, ob er vorbeikommen kann;
wenn er nicht da ist, rufe ich
Martina an -Tel. Nr. :
- bzw. Stefanie -Tel. Nr. :
-
c. ich gehe
nicht nach draußen
d. ich rufe nicht meine Eltern an
e. ich nehme
ein Bad
f. ich versuche mich abzulenken durch z.B. Fernsehen oder Aufräumen
2.
Rechtliche Absicherung
Sichere
Dich für den Fall einer Klinikeinweisung im Vorfeld ab durch eine Behandlungsvereinbarung
bzw. ein psychiatrisches Testament oder eine andere Art der Vorausverfügung.
Nähere Informationen dazu gibt es beispielsweise unter:
http://www.psychiatrie.de/hilfe/recht04.htm#Vorausverfügungen
oder vovo
3. Ernährungsumstellung
Bei
einigen Menschen kann eine Ernährungsumstellung einen stabilisierenden Effekt
haben (wenn man keinen Kult daraus macht). So kann beispielsweise bei Depressionen
die Reduzierung zuckerhaltiger Nahrungsmittel einen positiven Effekt haben. Bei
Menschen die z.B. durch frühere traumatische Erfahrungen belastet sind, kann
es helfen, auf eine regelmäßige Zufuhr von Mineralien, insbesondere
Magnesium, zu achten.
Extreme Ernährungsformen sind zur Vorbeugung meist
nicht geeignet, im Gegenteil, sie können zu einer Destabilisierung führen.
Vorsicht ist z.B. auch beim sogenannten Heilfasten geboten. Generell gilt, daß
eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung mit viel Gemüse und
Obst gesundheitsförderlich ist.
4.
Dem Körper (bzw. sich selbst) ;-) Gutes tun
Bewegung:
Finde heraus, welche Form körperlicher Bewegung Dir gut tut und auch Spaß
macht: Spazierengehen, Yoga, Schwimmen, Tanzen, Radfahren, usw.
Entspannung:
Nimm Dir Zeit für entspannende Tätigkeiten wie z.B.:
ein schönes
warmes Bad nehmen, in die Sauna gehen, Musik hören, usw.
Pflege:
Körperpflege jeder Art kann entspannend wirken und wirkt indirekt zurück
auf das oftmals labile Selbstwertgefühl.
5.
Verrückte Zustände leichterer Art in begrenztem Umfang zulassen
Für
manche Menschen kann es hilfreich sein, leicht verrückte Zustände bewußt
zuzulassen, insbesondere für Menschen, die ihr Verrücktsein als positiv
erleben. Es erfordert allerdings einige Erfahrung, die Grenze zu erkennen, an
der die Sache umschlägt und zum Selbstläufer wird. Das Zulassen leichterer
Verrücktheit kann auf verschiedenste Weisen geschehen:
- z.B. feste
Zeiten zum "Abdrehen" im Alltag einplanen
- die Nutzung kreativer
Medien wie Malen, Modellieren, Musizieren und Schreiben um die Inhalte der Verrücktheiten
auszudrücken
- Lesen
- Träumen
Bei
alldem ist die zeitliche Begrenzung wichtig, sonst kann es sein, daß einem
diese Zustände aus dem Ruder laufen und aus der leichteren eine
schwerere Form der Verrücktheit wird.
6.
Gefühle und Konflikte nicht ignorieren
Manchmal
ist es durchaus sinnvoll, die eigenen Gefühle auch einmal zu ignorieren.
Andererseits wird dies gefährlich, wenn man es andauernd tut.
Ähnliches
gilt für den Umgang mit Konflikten, insbesondere mit Menschen, die einem
nahe stehen. Nicht angesprochener Ärger, unterschwelliger Groll, ungeklärte
Verhältnisse - all das ist für die Psyche belastend.
Es dient also
der Vorbeugung, die eigenen Gefühle ernst zu nehmen und die Klärung
bestehender Konflikte nicht zu lange aufzuschieben.
7.
Psychotherapie
Für manche
Menschen kann eine Psychotherapie hilfreich sein, allerdings können Psychotherapien
auch unerwünschte Effekte zeitigen, z.B. indem sie psychotische Zustände
auslösen. Ganz allgemein gilt: Psychotherapie kann keine Wunder bewirken.
Deshalb ist eine Entscheidung hier nicht ganz einfach.
Für die Entscheidung
folgende Empfehlungen:
a.
Besprich Deine Gründe für und gegen eine Psychotherapie mit Menschen,
die
Dich kennen und hole Dir so verschiedene Meinungen ein.
b.
Besprich Deine Idee mit einem vertrauenswürdigen Profi, der Dich
auch über die verschiedenen Therapierichtungen informieren und gemeinsam
mit Dir überlegen sollte, welche Therapeuten in die engere Wahl kommen.
c.
Lasse Dir auf jeden Fall Vorgespräche bei verschiedenen Therapeuten geben
und nimm eine Liste mit Fragen mit, die wichtig sind (z.B. Frage nach der Ausbildung
des Therapeuten, Frage ob er/ sie bereits mit Menschen mit Deiner Problematik
gearbeitet hat, welche Einstellung zu Psychiatrie und Psychopharmaka er/ sie hat,
usw.)
d. Lasse Dir Zeit bei
Deiner Entscheidung und entscheide auch nach Deinem Gefühl zu dem Menschen.
Kannst Du Dir vorstellen, zu dieser Person Vertrauen zu entwickeln?
Ausgesprochen
gefährlich können Therapieformen der esoterischen oder anderer ausgefallener
Szenen sein:
z.B. die sogenannte Schreitherapie, Rebirthing in Wochenendseminaren,
Rückführungsseminare, Geistheiler, usw.
Aber auch bei den sogenannten
seriösen Therapieformen gibt es vieles, was nicht ungefährlich ist.
Z.B.: wenn der Therapeut "sein Handwerk nicht versteht" und nicht
bereit oder in der Lage ist, seine Methode auf die Bedürfnisse des Klienten
einzustellen.
Es ist also dringend erforderlich, bei der Suche nach einem
geeigneten Therapeuten sehr genau hinzuschauen (bzw. "hinzufühlen").
Näheres
erfährt man bei Psychotherapeutischen Beratungsstellen (in Großstädten
meist vorhanden) oder im Internet, beispielsweise unter
http://www.psychotherapiesuche.de/
Ausserdem gibt es zu diesem Thema einige Ratgeber in Buchform, mehr oder
weniger empfehlenswert.
8.
Psychopharmaka
a. Wenn Du
bisher noch keine Psychopharmaka genommen hast:
Viele Psychiater empfehlen
zur sogenannten Langzeitprophylaxe (Rückfallvorbeugung) eine Dauermedikation
von mindestens fünf Jahren. Diese Weisheit ist mit äußerster
Vorsicht zu genießen. Abgesehen von der grundsätzlichen Gesundheitsschädlichkeit
von Psychopharmaka geht diese Rechnung bei sehr vielen auch nicht auf. Die Krisen
stellen sich trotz oder sogar wegen der Einnahme von Psychopharmaka ein. Da der
Körper sich auf die Drogen eingestellt hat, wird dann die Krise mit einer
relativ hohen Dosierung behandelt werden müssen (gesetzt den
Fall, man hätte sich für Medikamente entschieden). Hinzu kommt, daß
durch die Dauerruhigstellung die Selbstheilungskräfte sozusagen erlahmen
und nicht trainiert werden können, weil die seelische Entwicklung quasi auf
Eis gelegt wird.
Natürlich gibt es Formen des Verrücktseins,
bei denen eine längerfristige Medikation das kleinere Übel ist.
Auf jeden Fall sollte man sich eine solche Dauermedikation gut überlegen.
b. Wenn Du schon über längere Zeit Psychopharmaka nimmst:
Es
ist wichtig, sich öfter einmal die Frage zu stellen, ob die Medikamenteneinnahme
noch weiter sinnvoll ist oder nicht.
Viele nehmen eine zu hohe Dosierung über
einen zu langen Zeitraum ein.
Wenn Du Dich für das Absetzen der Medikamente
entscheidest: es ist äußerst riskant, die Medikamente von heute auf
morgen abzusetzen, insbesondere bei hohen Dosierungen und/ oder bei der Einnahme
mehrerer Präparate.
Ebenso ist es sehr riskant, Medikamente dann abzusetzen,
wenn Du gerade stressigen Außenbedingungen ausgesetzt bist oder in einer
aktuellen seelischen Krise, die nicht auf die Medikamente zurückzuführen
ist.
Beim Absetzen empfiehlt sich die allmähliche Reduzierung, beispielsweise
in 10 %- Schritten, wobei man nach jedem Reduzierungsschritt Tage oder Wochen
zur Gewöhnung an die niedrigere Dosis einplanen sollte. Es ist wichtig, sich
hier die Zeit zu nehmen, die der Körper und die Seele für die Umstellung
brauchen. Man sollte sich dabei unbedingt von einer Fachperson beraten lassen.
Unterstützen kann man den Entgiftungsprozess auch durch entsprechende Naturheilverfahren.
Nähere
Informationen über Psychopharmaka gibt es in folgenden Büchern:
Asmus Finzen : Medikamentenbehandlung bei psychischen Störungen, Psychiatrie
Verlag
Peter Breggin : Giftige Psychiatrie. Auer
Finzen ist auf der gemässigten
Pro- Medikamente- Seite, Breggin ein radikaler Gegner der Psychopharmaka- Gabe.
Der besseren Informiertheit wegen ist es wichtig, beide Positionen zu kennen.
Zum Thema Antidepressiva
gibt es einen hervoragenden Artikel von C. Medawar (Do Antidepressants work ?)
im Netz.
B.
Achtsamkeit:
merken,
wenn es wieder losgeht, sogenannte Frühwarnzeichen
Eine
wichtige Vorraussetzung zum Steuern von Verrücktheiten ist, daß man
merkt, wann man dabei ist, abzudrehen, überzuschnappen, aufzudrehen,
ins Loch zu fallen.... Es ist wichtig, sich zu erinnern, wie es bisher war,
wie es angefangen hat und was den verrückten Zuständen jeweils vorausgegangen
ist. Obwohl dies bei jedem unterschiedlich ist, hier eine Liste von häufigen
Anzeichen, daß sich eine Krise anbahnen könnte:
1.
vermehrte Schlafstörungen
2.
Veränderungen der Wahrnehmung
-
man fühlt sich immer mehr wie im Tran (bzw. Traum)
- man spürt überall
Sinnzusammenhänge
- man hat das Gefühl, seine Umgebung überdeutlich
wahrzunehmen
- Veränderungen in der Geräuschempfindlichkeit
- optische Veränderungen wie z.B. daß plötzlich Farben sehr viel
intensiver wahrgenommen werden
- die Menschen erscheinen einem irgendwie anders:
fremd, bedrohlich, lächerlich, wie von einem anderen Stern, usw.
3.
Veränderungen im Denken:
-
die Gedanken erscheinen einem viel schneller oder langsamer zu werden
- die
Gedanken drehen sich immer um ein und dasselbe Problem, ohne daß man sie
abstellen kann
- das Gefühl, gar keine Gedanken mehr zu haben
- die
Gedanken erscheinen einem von außen eingegeben oder von einer äußeren
Macht entzogen zu werden
- die normale konkrete Bedeutung von Dingen und Ereignissen
bekommt symbolischen Gehalt (man denkt und handelt symbolisch), alles wird zum
Zeichen
- die intensive Beschäftigung mit philosophischen oder spirituellen
Fragen und das Gefühl eine Erleuchtung nach der anderen zu haben
4.
Veränderungen in der Körperwahrnehmung:
- das Verlassen
des eigenen Körpers
- nichts mehr spüren können
5.
Veränderungen in der eigenen Verhaltensweise:
- extremes Zurückziehen
von der Außenwelt
- einen nicht mehr zu stoppenden Redezwang
- eine
plötzlich auftretende Sammelleidenschaft
- das Gefühl die Umgebung
unbedingt von einer bestimmten Idee überzeugen zu müssen
- nicht
mehr zur Arbeit gehen
6.
Die Menschen um einen herum verhalten sich anders:
- Dein Arbeitgeber rät
Dir, doch Urlaub zu nehmen
- Deine Freunde meinen, Du solltest zu einem Arzt
gehen
- Bekannte fragen dich, ob Du vielleicht Drogen genommen hast
-
Du lernst plötzlich lauter neue Leute kennen, während Deine bisherigen
Freunde und Bekannte den Kontakt zu Dir vermeiden
All
das können Anzeichen für ein bevorstehende Verrücktwerden sein,
sie müssen es aber nicht sein. Es ist auch wichtig sich klarzumachen, daß
diese oder andere Anzeichen nicht zwangsläufig zu verrückten Zuständen
führen müssen.
Krisen gehören zum Leben jedes Menschen und
nicht selten kommt es trotz sogenannter Frühwarnzeichen nicht
zu einer größeren Krise. Kein Grund zur Panik also, nur zu mehr Achtsamkeit.
C. Was kann helfen ?
Menschen
Wenn Du merkst,
daß Du dabei bist, abzudrehen, rede mit jemandem, zu dem Du
Vertrauen hast !
Verkrieche Dich nicht völlig, aber beehre
auch nicht alle Menschen, egal ob sie es hören wollen oder nicht, mit Deinen
Problemen. Suche Dir einige Menschen aus, die bereit sind, sich mit Dir und Deinen
Schwierigkeiten in Ruhe zu beschäftigen.
Vermeide
Kontakte, die dich sehr belasten, das können z.B. sein: die Herkunftsfamilie;
Menschen, die dazu neigen, Dich Durch Worte zu verletzen oder Menschen, die Du
als sehr anstrengend empfindest.
1.
Ruhe
Reduziere Dein übliches
Programm und gönne Dir alles, von dem Du weißt, daß es Dir gut
tut.
- Suche Orte auf, von
denen Du weißt, daß Du dich dort entspannen kannst, das kann die Sauna
sein, das Kino, die Kirche, der Wald. Es ist unwichtig, welcher Ort, wichtig ist
nur, daß Du dich dort wohlfühlst.
-
Gönne Dir Dein Lieblingsessen
2.
Alltag
Verliere die alltäglichen
Dinge nicht ganz aus dem Blick.
Auch
wenn Dir der Alltag im Moment lästig, langweilig, zu banal oder unwichtig
erscheint, ist es meistens hilfreich, die Aufmerksamkeit trotzdem auf die Alltagsdinge
zu richten. Wie und in welchem Ausmaß ist individuell sehr unterschiedlich.
Manchen hilft es, zu kochen oder zu putzen, anderen reicht es, wenn sie mit einer
Nachbarin einen Tee trinken und sich über das Wetter unterhalten. Wie auch
immer, es ist in dieser Phase wichtig, den Kontakt mit dem, was man Normalität
nennt, zu halten, selbst wenn dich innerlich scheinbar viel wesentlichere Gefühle
und Gedanken beschäftigen, versuche irgend eine Dir entsprechende Form von
Alltag aufrechtzuerhalten.
3. Ablenkung:
Manchen helfen
auch Strategien der Ablenkung, sei es Durch Fernsehen, Stricken, Autos reparieren,
spielen, usw.
4. Drogen
und Naturheilmittel
In dieser
Phase solltest Du sehr vorsichtig mit jeder Art von Drogen umgehen, sei es nun
Kaffee, Alkohol oder Psychopharmaka. Vom Gebrauch psychotroper Drogen (sog. "street
drugs": Haschisch, LSD, Speed, Kokain etc.) ist unbedingt und dringend abzuraten,
da sie mit Sicherheit die Situation eskalieren und verschlechtern.
Andererseits
kann der bewußte und möglichst niedrig dosierte Einsatz von bestimmten
Drogen (d.h. am besten verordnete und in Absprache mit dem Arzt eingenommene Arzneimittel)
notwendig sein, um ein weiteres Verrücktwerden aufzuhalten.
Insbesondere
dann, wenn Schlafstörungen, Unruhezustände, Angstzustände, usw.
ein riskantes Ausmaß annehmen, besteht die Gefahr, daß sich körperliche
Erschöpfung und geistige Prozesse gegenseitig hochschaukeln. Hier kann es
durchaus sinnvoll sein, den Körper erst einmal mit Mitteln von außen
zur Ruhe zu bringen.
Allgemein
gilt: sowenig wie möglich, so viel wie notwendig.
Hier
eine stichwortartige und unvollständige Liste der Möglichkeiten, wobei
es natürlich notwendig ist, sich weitere Informationen zu beschaffen, sowie
den Rat entsprechender Experten einzuholen:
Mittel
aus dem Bereich der Naturheilverfahren:
-
pflanzliche Präparate:
z.B. Baldrian und Hopfen wirken bei vielen schlafanstossend,
hochdosiertes Johanniskraut antidepressiv
-
homöopathische Arzneimittel (möglichst vom Mediziner !)
-
Mittel aus der indischen Ayurveda- Medizin (mit vertrauenswürdigen
Profis besprechen !)
Nähere
Informationen zu Naturheilverfahren gibt es beispielsweise bei Ärzten für
Naturheilkunde.
Alkohol
: unbedingt mit Vorsicht zu geniessen: eignet sich keinesfalls zur
Dauer- "Therapie" und
ist für Menschen mit einer Suchtproblematik
sehr gefaehrlich ! Durch den Versuch, sich mit Alkohol selbst zu behandeln, kann
man sehr schnell zum Süchtigen werden. ):
Auch
Menschen, die regelmäßig Psychopharmaka zu sich nehmen, gehen mit der
Alkoholeinnahme z.t. nicht kalkulierbare Risiken ein ! ):
Alkohol
in geringen (geringen !) Mengen kann unter Umständen beruhigend und
schlafanstossend wirken (alkoholfreies Bier wegen des enthaltenen
Hopfens auch). ; )) Trotzdem: Alkohol in jeder Form ist aber kaum kontrollierbar
einzusetzen und es ist deshalb ganz allgemein von Versuchen des "therapeutischen"
Alkoholgebrauchs dringend abzuraten.
Psychopharmaka:
Die Einnahme von Psychopharmaka ist immer mit gesundheitlichen Risiken verbunden.
Trotzdem kann sie im Einzelfall das kleinere Übel darstellen, z.B. etwa um
eine Zwangseinweisung zu verhindern oder eine schon "im Anzug" befindliche
Krise abzumildern.
Es empfiehlt
sich hier, unbedingt einen vertrauenswürdigen Profi zu Rate zu
ziehen !
Zeitpunkt der Einahme
bzw. der Dosiserhöhung: für manche Menschen ist es hier wichtig, zu
bedenken, daß sie sich rechtzeitig genug für die Einnahme/ Dosiserhöhung
entscheiden. Häufig ist es am Beginn einer Krise möglich, den Prozess
mit einer relativ niedrigen Dosierung und/ oder einer kurzen Einnahmedauer abzumildern
oder zu stoppen.
Ausserdem
ist es für viele ein beruhigendes und zur Stabilität beitragendes Gefühl,
eine für den Notfall bestimmte Menge Psychopharmaka zuhause zu haben. Wichtig:
eine geeignete, spezielle Notfallration für zuhause mit dem behandelnden
Arzt zusammenstellen !
Wenn
der Notfall eintritt, unbedingt den Arzt des Vertrauens aufsuchen!
D. Akute Zustände:
wenn
man verrückt, psychotisch, wahnsinnig ist:
Bei vielen von uns gibt es in einer seelischen Krise einen bestimmten Punkt der
inneren Erregung, der, wenn er überschritten wird, zu dem führt, was
als Psychose, Wahnsinn, Verrücktheit usw. bezeichnet wird.
Diese Art
von Zuständen unterscheidet sich von anderen Krisenformen dadurch, daß
der Sprung aus der "Realität" bvzw. dem Alltag heraus hier geschehen
ist.
Wenn es - aus welchen Gründen auch immer - passiert ist und man
im Chaos der eigenen Gefühle, Ideen, Gedanken drinhängt,
die Welt sich um 180 Grad gedreht hat,
nichts mehr so ist, wie es war, alles
vorher Wichtige unwichtig geworden ist:
dann geht es in erster Linie darum,
das Überleben abzusichern.
Auch
hier ist es wichtig, erst einmal zu merken und sich selber einzugestehen, daß
man voll drinhängt. Woran und wie man es merkt, ist natürlich
wieder von Person zu Person unterschiedlich; aber mit Erfahrung von einem selbst
oder nahestehenden Anderen durchaus erkennbar.
Hier
einige Beispiele:
- Ein plötzlich
auftretendes Gefühl der Erleichterung im Rahmen einer schweren Krise. Vorher
dagewesene Ängste usw. sind plötzlich wie weggefegt. Man fühlt
sich im siebten Himmel und hat erleuchtende Erkenntnisse am laufenden Meter. Jede
Form des Zweifels ist verschwunden.
Vielleicht nimmt man noch undeutlich wahr,
daß die anderen Menschen nicht so begeistert auf die eigenen genialen Ideen
reagieren.
- Man kommt überhaupt
nicht mehr aus dem Bett, jede Bewegung wird zur Qual, man kommt sich vor wie der
schlimmste Mensch auf Erden oder einem ist alles völlig gleichgültig,
das Zeitgefühl verschwindet, die Wohnung verwahrlost, die Post sammelt sich
ungeöffnet in irgend einer Ecke, usw.
-
Man wird gejagt von Stimmen und Bildern, möglicherweise hört man Stimmen,
die einem Befehle geben, sich umzubringen oder ähnliches. Es gibt keine Pausen
mehr zwischen den einzelnen Visionen und man hat keinerlei Kraft und/ oder Interesse
mehr für andere Dinge. Man zieht sich völlig zurück und verläßt
die Wohnung überhaupt nicht mehr.
-
Vorher abgeschwächt vorhandene Ideen und Vorstellungen, wie z.B., daß
man von einer fremden Macht ausspioniert wird, werden zur unumstößlichen
Gewißheit. Jeden Tag findet man scheinbar neue Beweise für
diese Tatsache.
Wenn
Du es geschafft hast, zu erkennen, daß Du drinhängst, hast
Du schon einen riesigen Schritt getan, um wieder herauszukommen. Als Erstes ist
es nun wichtig, das Überleben abzusichern.
Unabhängig davon, ob
Du in eine Klinik gehen wirst oder nicht, brauchst Du einen Schutz- und Schonraum.
Diesen gilt es jetzt zu organisieren. Dazu brauchst Du Hilfe.
Also:
1. Hilfe:
Informiere
mindestens eine Person, besser aber mehrere Personen Deines Vertrauens, wie es
Dir geht und bitte sie um Hilfe.
Günstig ist es natürlich, wenn
Du Dir bei dieser/ diesen Person(en) sicher sein kannst, daß sie mit Gelassenheit
auf Deinen Zustand reagieren kann und nicht gleich meinen, eine Einweisung veranlassen
zu müssen.
Bitte diese Person(en), Dir bei den jetzt notwendigen Dingen
zu helfen.
2. Krankmeldung
Lasse Dich krankschreiben
Wenn Du in einem solchen Zustand zur Arbeit gehst,
gefährdest Du Deinen Arbeitsplatz, also: auch wenn Du dich in keiner Weise
krank fühlst: besorge Dir eine Krankmeldung.
3.
Kinder versorgen
Falls Du Kinder hast:
Du brauchst jetzt Entlastung und
Deine Kinder brauchen Sicherheit. Sorge also dafür, daß sich jemand
vorübergehend um sie kümmert (Oma, Tante, Freunde, Bekannte, usw.)
4.
Rückzug in einen schützenden Raum
Sorge für einen Schutzraum,
bis das Verrücktsein abgeklungen ist (Beispiel: bei einem Freund/ einer Freundin,
in der Soteria, in einem Weglaufhaus, in einer geschlossenen Station Deines Vertrauens...)
a)
Zuhause
Wenn Du in Deiner Wohnung bleibst:
Du brauchst auf jeden Fall
Menschen, die Dich begleiten. Das Verrücktsein alleine durchstehen zu wollen
ist hochgefährlich und außerdem oft qualvoller als notwendig.
Falls Du aber das Glück haben solltest, einen oder mehrere Menschen zu kennen,
die bereit sind, Dich zu begleiten, kannst Du diesen Zustand möglicherweise
ohne Klinik durchstehen. Auf jeden Fall solltest Du mindestens einmal täglich
mit jemanden sprechen.
Unter Umständen empfiehlt sich die Einnahme von
Psychopharmaka (wenn sie bei Dir anschlagen und Du sie einigermaßen verträgst),
wieder nach dem Prinzip des kleineren Übels. Solltest Du Dich dafür
entscheiden, nimm beim Besuch des Psychiaters möglichst jemanden mit, der
dich dabei unterstützt, daß zu bekommen, was Du brauchst.
b)
Klinik
Wenn Du in eine Klinik gehen möchtest oder musst:
Auch hier
gilt: tue das möglichst nicht alleine. Folgendes ist dabei abzuklären:
Welche Klinik bietet am ehesten dasjenige, was Du jetzt brauchst ?
Möchtest
Du lieber auf eine offene oder auf eine geschlossene Station ?
(wenn Du nicht
selbstmordgefährdet bist, lassen sich manche Kliniken darauf ein, direkt
in eine offene Station aufzunehmen)
Hast Du ungeklärte Dinge zu Hause,
die noch erledigt werden müssen (Versorgung von Haustieren, Absage von Terminen,
offene und dringende Rechnungen, Entmüllung der Wohnung, usw.), bitte Freunde
darum, dies soweit wie möglich für Dich zu erledigen.
Aufnahme
in der Klinik:
- wenn Du bereits eine Behandlungsvereinbarung mit einer Klinik
hast bzw. ein psychiatrisches Testament, ist es sinnvoll, darauf noch einmal ausdrücklich
hinzuweisen und eine Kopie davon mitzunehmen.
- hast Du keine Vorausverfügung,
informiere die Klinik entweder selbst oder, falls möglich, über einen
Profi Deines Vertrauens über folgende Dinge:
1.
welche Medikamente in welcher Dosierung Du bereit bist zu nehmen und welche Medikamente
Du auf keinen Fall nehmen möchtest. Verweise auch auf Unverträglichkeiten
und erhöhte Risiken.
2. körperliche Grunderkrankungen
3. sofern
Du es weißt, informiere die Klinik darüber, was Dir jetzt helfen kann:
z.B. erst einmal möglichst viel Ruhe oder umgekehrt möglichst viel Ansprache
und Aufmerksamkeit, usw.
Mit
diesen Informationen solltest Du unter Umständen vorsichtig sein:
Selbstmord
und Selbstverletzungsgedanken sowie Gedanken, die sich auf die Verletzung/Ermordung
anderer Personen beziehen.
Je nach Einstellung der Klinik kann dies eine Zwangseinweisung
zur Folge haben in dem Moment, wo Du die Klinik früher verlassen willst,
als die Ärzte es für ratsam halten.
Auf der anderen Seite ist es
natürlich wichtig, daß Du mit jemanden über solche Gedanken sprichst.
Es ist also ein nicht ganz einfacher Balanceakt, einerseits soviel zu erzählen,
daß sie auch in die Lage versetzt werden, Dir zu helfen, auf der anderen
Seite aber nicht zuviel um irgendwelche Dir unbekömmlichen Maßnahmen
zu provozieren. (Medikamentenerhöhung, Verlegung auf die geschlossene Station,
Zwangseinweisung, usw.)
5.
Zwangseinweisung
Im Falle
einer Zwangseinweisung:
Bleib so ruhig wie möglich. Es ist normal, daß
Du dich aufregst und sehr verständlich, aber es bringt meistens nichts, den
Aufstand zu proben. Das bewirkt meist nur das Gegenteil dessen, was Du erreichen
möchtest.
- Wenn Du
heraus möchtest, kannst Du folgendes tun:
a.
Bitte darum - in möglichst ruhigem Tonfall -, telefonieren zu dürfen
und informiere eine Person, von der Du weißt, daß sie Dich unterstützen
wird - und, wenn Du einen geeigneten Anwalt kennst, auch diesen.
b.
Bei einer Zwangseinweisung hast Du entweder bereits mit einem Richter gesprochen
oder Du wirst in den nächsten Stunden mit einem Richter sprechen. Dieser
trifft die Entscheidung und es ergeht ein sogenannter Beschluß, nomalerweise
für 6 Wochen. Gegen diesen Beschluß kannst Du Widerspruch einlegen
oder, wenn der Beschluß schon einige Zeit besteht, die Aufhebung des Beschlusses
beim Gericht beantragen. In der Begründung Deiner Anträge ist es wichtig
zu anzugeben, warum Du nicht oder nicht mehr selbst- bzw. fremdgefährdend
bist, denn für eine Zwangseinweisung reicht es rechtlich gesehen nicht aus,
daß Du neben der Spur bist.
Am besten lässt Du Dir
beim Schreiben des Widerspruchs bzw. des Aufhebungsantrags helfen.
c.
Höchstwahrscheinlich bekommst Du auch Psychopharmaka. Dies rechtlich anzufechten,
ist meist sehr schwierig. Hast Du eine Behandlungsvereinbarung bzw. ein psychiatrisches
Testament, verweise darauf, möglicherweise auch mit dem Hinweis, daß
sie bei Nicht- Beachtung dieser Vorausverfügung riskieren, wegen eines Behandlungsfehlers
verklagt zu werden.
Hast Du keine Vorausverfügung, versuche, so gut es
geht und möglichst sachlich mit Deinem behandelnden Arzt zu verhandeln. Am
besten schaltest Du auch hier aussenstehende Personen ein, die Dich in Deiner
Argumentation unterstützen.
d. Wenn Du zwar erschrocken bist, in der Klinik gelandet zu sein, irgendwie aber
auch erleichtert bist und Du nicht unbedingt heraus möchtest:
Oft
kannst Du die Zwangseinweisung dadurch aufheben lassen, daß Du eine Freiwilligkeitserklärung
unterschreibst. Wenn Du mit den Medikamenten, die Du bekommst, unzufrieden bist,
verweise auf eventuell bestehende Vorausverfügungen bzw. verhandle mit den
Ärzten und nenne dabei Deine Gründe und bisherigen Erfahrungen mit Psychopharmaka.
Auch hier gilt: informiere auf jeden Fall eine außenstehende Person und
lasse Dich von ihr unterstützen.
6.
Betreuung
Solltest Du einen
rechtlichen Betreuer haben, der den sogenannten Wirkungskreis Aufenthaltsbestimmung
hat, liegt sehr wahrscheinlich eine Zwangseinweisung nach dem Betreuungsgesetz
vor. Hier ist es auf jeden Fall wichtig, daß Du mit Deinem Betreuer Kontakt
aufnimmst und nachfragst, warum er bzw. das Gericht zu dieser Entscheidung gekommen
ist. Ein Grund kann hier z.B. auch sein, daß Du eine Psychopharmakabehandlung
abgelehnt hast. Manchmal ist es sinnvoll, sich dabei - um herauszukommen - auf
Kompromisse einzulassen. Spätestens wenn Du dann draussen bist, solltest
Du Dir entsprechende fachliche Unterstützung und Beratung holen um unter
Umständen:
a) die Aufhebung der ganzen Betreuung zu beantragen
b)
die Aufhebung dieses Wirkungskreises zu beantragen
c) einen Betreuerwechsel
zu beantragen
Was hier das
Sinnvollste ist, lässt sich nur im Einzelfall entscheiden, deshalb brauchst
Du bei dieser Form der Zwangseinweisung auf jeden Fall eine kompetente Beratung
(Rechtsanwalt, Patientenanwalt, falls vorhanden: ein Dir wohlgesonner Sozialarbeiter
oder ein Betroffener, der sich in diesen Dingen auskennt)
E. Nach dem Verücktsein
Du
hast eine sehr schwere und anstrengende Zeit mehr oder weniger heil überstanden.
Du bist wie ein Reisender, der von einem anderen Planeten auf die Erde zurückgekehrt
ist und Du wirst voraussichtlich einige Zeit brauchen, um Dich wieder zurechtzufinden.
Versuche die kleinen Dinge des Alltags zu genießen, die Sonne, die Dir ins
Gesicht scheint, eine schöne Tasse Kaffee, einen netten Fernsehfilm und lasse
Dir für das Zurückkehren die Zeit, die Du brauchst. Wenn Du Lust hast
und es dich nicht zu sehr aufregt, schreibe die Erlebnisse Deiner Reise
auf, stelle sie bildlich dar oder erzähle sie Menschen, die bereit und in
der Lage sind, sich diese anzuhören. Dies kann sehr hilfreich sein, zum einen
um diese Erfahrungen zu verdauen, aber auch um mit zukünftigen
Erfahrungen ähnlicher Art vielleicht besser umgehen zu können.
Wenn
Du wieder genügend Boden unter den Füßen hast, wirst Du Dich auch
der Neu- bzw. Wiederorganisation Deines Lebens zuwenden können. Je nachdem,
wie die Krise abgelaufen ist, wirst Du Dich auch mit unangenehmen Konsequenzen
beschäftigen müssen - wie z.B.:
-
Verlust der Wohnung
- Geldprobleme
- manche Freunde, die nichts mehr mit
Dir zu tun haben wollen
- dem Absetzen von Psychopharmaka
- Schwierigkeiten
mit der Arbeitsstelle
usw.
Lasse
dich nicht irre machen, oft sehen die Dinge zunächst schlimmer aus, als sie
sind. Versuche eins nach dem anderen anzugehen und suche Dir dabei die entsprechende
Unterstützung. Du hast es geschafft, eine Erfahrung durchzustehen, die immer
an die Grenze dessen geht, was ein Mensch aushalten kann. Das ist eine enorme
Leistung. Du hast es geschafft, wieder auf diese Erde zurückzukehren und
auch das ist alles andere als einfach. Also lasse Dich nicht unterkriegen, auch
wenn die Dinge nicht auf Anhieb so laufen, wie Du Dir es wünschst.
F. Anhang: Der Umgang mit spezifischen
Arten des Verrücktseins
Die Aufzählung ist unvollständig und es lassen sich hier natürlich
keine allgemeingültigen Ratschläge geben. Hier trotzdem einige Anregungen,
Ideen und Erfahrungen zu spezifischen Verrücktheitszuständen, die Du
ausprobieren (Bitte im echten Notfall nicht allzuviel experimentieren, sondern
professionelle Hilfe suchen!) könntest:
1.
Panik- und Angstzustände:
- eine Decke umlegen, jemand der Dir die Hand
hält,
- wenn es irgend geht, versuche Deine Atmung zu beruhigen, indem
Du bewußt lange ausatmest und so versuchst den Atem zu verlangsamen
2.
Halluzinationen:
Du hörst Stimmen oder siehst Bilder, die außer
Dir niemand wahrnehmen kann
Wenn
Du unsicher bist, ob es sich bei Deinen Wahrnehmungen um Halluzinationen handelt
oder nicht, überprüfe es, wann immer es möglich ist, z.B. indem
Du andere fragst, selber näher herangehst, usw.
Wenn
Du weißt, daß es sich um Halluzinationen handelt, dann versuche Dir
klarzumachen, daß Halluzinationen im Prinzip nichts Schlimmes sind, sondern
Botschaften Deiner Seele.
Günstig ist es, gegenüber diesen Botschaften
folgende innere Haltung zu finden:
ich höre/ sehe Euch, Dich, es ist
in Ordnung, aber nun wende ich mich auch wieder anderen Dingen zu -
oder anders
ausgedrückt, die Stimmen/ Bilder zwar zu registrieren, aber nicht näher
darauf einzugehen.
3. Depression:
Es gibt sehr unterschiedliche Arten von Depression und verschiedenste Auslöser,
je nach Auslöser können verschiedene Dinge helfen.
a.
Bei manchen Menschen werden Depressionen dadurch ausgelöst, daß sie
Gefühle von Wut oder Enttäuschung unterdrücken, hier hilft alles,
was diesen meist nicht bewußten Gefühlen ein Ventil verschafft: z.B.:
- erinnere dich an das letzte Mal, als Du wütend warst, und denke Dir
alle möglichen und unmöglichen Schimpfwörter aus, die Dir nur einfallen
- schreibe einen möglichst wütenden Brief an einen Lieblingsfeind
(aber schicke ihn bitte nicht ab !)
- schimpfe mit Deinem Bett, dass "die
Unverschämtheit besitzt, dich hier tagelang festzuhalten"
- male
ein Bild
b. Erschöpfung:
wenn Du gerade eine sehr stressige Lebensphase hinter Dir hast, wie z.B. eine
Psychose, die Trennung von einem Partner, eine Phase der Arbeitssucht, eine lange
körperliche Erkrankung usw. ist die Depression gewissermaßen eine natürliche
Reaktion des Körpers auf diese Überforderungs- Situation. Hier ist alles
gut, was Dich und Deinen Körper bei diesem Erholungsprozess unterstützt.
Autoren:
Anonymes Autorenkollektiv
Korrigiert, redigiert und ergänzt: Matthias
Schaffrath
Stand November 2003